Der Kölner - Sprache und Humor


Es wird oft von Fremden und Nichtkölnern oft behauptet, der kölsche Humor sei plump und rustikal. Das mag so sein, denn Humor ist in seiner Fülle und Tiefe, laut Professor Heinrich Lützeler, aus dem Sein des Menschen zu verstehen. Der Kölner ficht nicht mit dem Florett, der Kölsche "Buur" (Bauer), das frühere Wahrzeichen Kölns und heute noch Figur im Karneval, haut mit dem Dreschflegel drauf - im Leben wie auch in seiner Art von Humor. Nun liegt es oft daran, daß Auswärtige der Kölschen Sprache nicht so mächtig sind, um die "Feinheiten" zu verstehen, die sich die Einheimischen gegenseitig an den Kopf werfen. Auch das trägt zu gelegentlichen Mißdeutungen bei. Nun soll man als Kölner nicht so weit gehen und Hochdeutsch als erste Fremdsprache angeben, doch würde manches Gespräch auf gut Kölsch und in geschliffenem Hochdeutsch einen ganz anderen Verlauf nehmen. Es ist nun bestimmt kein Zufall, daß Kölsch das gleiche Wort für das heißgeliebte Nationalgetränk und für die praktizierte Muttersprache ist. Sprache und Mensch sind die unerläßliche Basis für Witz und Humor.



Beginnen wir also einfach mit dem Kölschen Menschen. Der typische Kölner ist ein Mischprodukt, dessen uralte Wurzeln in einer ständigen Zuführung fremden, bzw. frischen Blutes "aufgemischt" wurden. Der kirchlich religiöse Grundstein im kölschen Wesen ist noch immer latent vorhanden, wenn auch bestimmt noch ein guter Teil Heidnisches als Bodensatz sichtbar ist. Der kölsche Humor ist eine Mischung aus niederrheinisch bäuerlicher Vitalität und kontaktreichem städtischem Umgang miteinander. Obwohl die mittelalterliche Stadt Köln geschützt durch ihre mächtigen Stadtmauern jahrhundertelang in einer gewissen Isolation lebte, blieb der Geist durch Handel und Wandel offen. Es entstand hier kein Ghetto-Humor, der sich nur um die eigene Achse dreht.



Der Kölner, durch seine zahlreichen europäischen Handelskontakte und den nie versiegenden Pilgerstrom ins Rom des Nordens, war "Weltbürger". Der Fremde war in Köln die Regel, nicht die Ausnahme, und da die fremden Gäste vor allem auch in der Gastronomie verkehrten, kursierten über sie im Brauhaus und in der Kneipe auch viele kölsche Witze.



Wenn man bedenkt, daß sich die gesamte Kölner Bevölkerung zwischen dem Jahre 1850 und heute in knapp 150 Jahren von 100.000 auf 1 Million vergrößert hat, so gab das einen weiteren "Misch-Schub". Nach Ubiern, Römern, Franken und Franzosen kamen jetzt Eifeler und Elsässer, Bergische und Berliner Beamte, Wallonen und Westerwälder, Moselaner und Münsterländer, Niederrheiner und Niederländer, die ganze Palette der durch die industrielle Revolution in die Stadt Köln gespülten Massen. Alle brachten natürlich auch einen Teil ihres eigenen Humors mit ein, der die Mischung wie eine raffinierte Speise noch verfeinerte. Diese Menschen begannen ihre Existenz meist in bescheidenen Verhältnissen, und die Umstände erforderten ein gewisses Maß an Solidarität und Wir-Gefühl. Das Ergebnis ist Humor ohne Häme, die Schilderung von Problemen, die alle haben und nicht nur Außenseiter.



Es ist also kein Witz auf Kosten von Minderheiten, sieht man einmal von den "Kappesbauern" des Vorgebirges ab, die aber ja im Grunde irgendwie aus der eigenen Familie stammten. Die Mischung von Menschen und Schicksalen brachte auch eine nicht unbeträchtliche Zahl an sogenannten Kölschen Originalen hervor. Das waren keine Phantome oder Witzfiguren wie "Tünnes und Schäl", das waren historische Personen aus Fleisch und Blut, die durch irgendeine Tat oder spezielle Eigenart aus der Menge der Kölner herausragten. Zu ihrer Zeit kannte sie jeder, aber sie verschwanden mit dem ständigen Anwachsen der Stadt in nicht mehr für alle überschaubare Dimensionen.
Doch noch heute kennt man die Namen und Taten von Leuten wie: Der Orgels-Palm, der Fress-Klötsch, die Läsche Naas, der Maler Böck, der Lehrer Welch, das Fleuten-Arnöldchen, das Zibingemännche, oder aus der näheren Vergangenheit den Profiboxer Müllers Aap.. Echter Kölner als Lebensziel, ist das möglich? - Die Antwort auf diese Frage ist ein uneingeschränktes Ja! Denn im Gegensatz zu vielen deutschen Großstädten wie Hamburg, München, Frankfurt oder Bremen wird man dort, trotz jahrelangem Aufenthalt, nie so ganz akzeptiert und in den inneren Kreis aufgenommen. Die Bundeshauptstadt Berlin ist hier wahrscheinlich auch wegen des ähnlich gelagerten soziologischen "Mischungsverhältnisses" die lobenswerte Ausnahme. Doch Hamburger oder Bremer wird man erst nach Jahrhunderten.


Die Kölner dagegen, vielleicht aus Erfahrung der eigenen gemischten Identität, geben jedem Neubürger die Chance, sich zu integrieren. Die Persönlichkeit, das Auftreten, die berufliche Leistung und die Mitarbeit am gesellschaftlichen Leben sind entscheidend, nicht der Name oder die Jahrhunderte alte Familientradition. Jeder hat den Kölschen Marschallstab im Tornister. Hilfreich ist allerdings eine gewisse Zurückhaltung. Auch sollte man vermeiden, in allzu kurzer Zeit Dialekt-Defizite aufzuholen. Es gibt auch heute schon "gute Kölsche" mit italienischem oder griechischem Akzent, und spätestens in der nächsten Generation ist das sowieso kein Thema mehr.