Sie sind verteilt im gesamten Orbit und richten ihr künstliches Auge rund um die Uhr auf die Erde: Satelliten. Ihre Technik ist mittlerweile so perfektioniert, dass sie gestochen scharfe Aufnahmen von unserem Planeten liefern können. Es heißt sogar, dass man darauf Autokennzeichen erkennen kann oder welche Zeitung jemand liest. Aber ist das wirklich wahr? Machen Satelliten unsere Welt sicherer? Was kann man tatsächlich aus dem All erkennen und unter welchen Vorraussetzungen?
Schwebende Augen in weiter Ferne
Hunderte von Satelliten gleiten von uns
meist unbemerkt Tag und Nacht durch den schwerelosen Raum.
5.000 dieser künstlichen Himmelskörper wurden seit 1957 ins
All geschossen, davon sind heute noch etwa 600 aktiv. Manche
dienen der Telekommunikation, andere nehmen Messungen vor,
wieder andere versorgen uns mit Bildern vom Weltraum - und
einige haben die Mission, die Erde zu beobachten. Schon 1960,
drei Jahre nach dem Start des sowjetischen "Sputnik", machte
der zivile Wettersatellit "Tiros-1" aus 725 Kilometern Höhe
die ersten scharfen Aufnahmen von der mit Wolken bedeckten
Erde - eine Sensation. Seitdem wurden die Leistungen der
Satelliten stetig verfeinert, um sie zu einem präzisen
Überwachungsinstrument weiterzuentwickeln. Spionagesatelliten
machen heutzutage aus 300 Kilometern Höhe erstaunlich scharfe
Aufnahmen, nutzen die Nachtsichtfähigkeit von
Infrarotobjektiven und durchdringen mit Hilfe von
Radarstrahlen selbst dichte Wolkendecken. Die Kombination von
Infrarot, Radar und Fotografie ermöglicht einen umfassenden
Blick auf die Welt.
Multispektral- oder Infrarotsatelliten
Mit so genannten
Multispektralkameras können Aufnahmen in unterschiedlichen
Spektralbereichen erstellt werden. Das menschliche Auge nimmt
Lichtwellen zwischen 380 und 780 Nanometer wahr.
Doch
verschiedene Materialien wie etwa Pflanzen, Gebäude oder
Mineralien absorbieren oder reflektieren auch höhere
Wellenlängen im Infrarotbereich, also über 780 Nanometer.
Indem man nun Filter vor die Aufnahmesensoren setzt, die nur
in bestimmten Spektralbereichen empfindlich sind, entstehen
Bilder, die verschiedene Kontraste zeigen. Kombiniert man die
Aufnahmen unterschiedlicher Spektralbereiche und ordnet ihnen
die sichtbaren Farben Rot, Grün, Blau zu, dann erhält man so
genannte Falschfarbenaufnahmen, bei denen je eine Farbe für
unterschiedliche Objektbeschaffenheit steht, etwa Rot für
Vegetation und Blau für Gebäude. Auf diese Weise lässt sich in
der Landwirtschaft erkennen, was auf einzelnen Ackerflächen
angebaut wird - Mais reflektiert Licht anders als Weizen, Raps
oder Brachland. So lassen sich Vegetationsveränderungen rund
um den Erdball beobachten. In Wellenlängen um 12.500 Nanometer
kann man auch die Wärmestrahlung von Objekten sichtbar machen.
Damit gelingt es nicht nur, Vulkanaktivitäten zu verfolgen,
sondern - zumindest theoretisch - auch festzustellen, ob ein
Panzer schon länger still steht oder ob der Motor heißgelaufen
ist. Die Einschränkung "theoretisch" gilt, weil mit erhöhter
Wellenlänge das Auflösungsvermögen immer weiter abnimmt. Ein
einzelnes Fahrzeug wäre in einem Infrarot-Satellitenbild kaum
zu erkennen, eine größere Ansammlung von Panzern aber
schon.
Spione im All
Der Scharfblick der Satellitentechnik
Die Aufnahmen, die uns die High-Tech-Satelliten heutzutage liefern, werden immer präziser. Sie ermöglichen einzigartige Blicke auf die Entwicklung unseres Planeten: Klimaphänomene, dem menschlichen Auge sonst verborgene geologische Strukturen, aber auch die Eingriffe des Menschen in die Natur treten in ungewöhnlicher Klarheit hervor.
Radarsatelliten
Radarsatelliten sind Multitalente. Sie senden aktiv elektromagnetische
Strahlungen im Mikrowellenbereich aus, die dann von der Erdoberfläche
reflektiert werden. Die Laufzeit der rückgesendeten Signale gibt Aufschluss über
die exakte Entfernung zur Erde. Durch die Differenz zweier Aufnahmen können
winzige Höhenunterschiede erfasst werden. Diese Methode funktioniert auch
nachts oder bei schlechtem Wetter. Von immer größerer Bedeutung wird die
Radartechnik in der weltweiten Umweltbeobachtung. So können beispielsweise
verschmutzte Wasserflächen im Ozean geortet werden. Die Radarstrahlen erfassen
den Unterschied zwischen aufgewühltem Meer und einem Ölteppich, denn der hat
eine veränderte Oberflächenspannung und ist daher glatter. Mit den Daten der
Radarmessung lässt sich darüber hinaus eine detailgetreue Landschaft
simulieren, wie man sie aus Flugsimulationen kennt. Piloten üben damit den
Einsatz in unbekanntem Gebiet.
Optische Satelliten
Faszinierend und erschreckend zugleich: Das erschütternde Ausmaß der
Katastrophe von New York am 11. September 2001 wurde erst mit den Bildern aus
dem All deutlich. Die Satellitenbilder stammen von Optischen Satelliten. Sie
befinden sich in 400 bis 800 Kilometern Höhe über der Erde in einer Umlaufbahn
und umkreisen in etwa 90 Minuten den Globus. Sie funktionieren ähnlich wie eine
Digitalkamera, sind also auf Tageslicht angewiesen. Den Auflösungsrekord in der
kommerziellen Branche hält derzeit die Firma Space Imaging mit dem Satelliten
"Ikonos-2", der auf der Erde Details bis zu einer Größe von einem
Meter scharf abbildet. Da sind in Städtebildern zwar keine einzelnen Personen
voneinander zu unterscheiden, aber es ist durchaus erkennbar, wenn ein Platz
besonders belebt ist. Spionage-Satelliten des US-Militärs erreichen allerdings
schon lange eine deutlich höhere Auflösung, vermutlich bis zu zehn Zentimeter.
Der blinde Fleck
So erstaunlich der Scharfblick der Satellitentechnik auch ist, es gibt doch bei
allen Techniken blinde Flecken. Digitalkameras erkennen zwar immer kleinere
Details, aber nur bei Tageslicht. Infrarotobjektive durchdringen zwar die
Dunkelheit, aber keine dicke Wolkendecke. Radarsatelliten wiederum forschen
unabhängig von der Witterung, doch deren Bilder sind nicht annähernd so
detailliert wie die der Fotosatelliten. Und allen Techniken gemeinsam ist es,
dass sie nur Momentaufnahmen machen. Sie bewegen sich in festen Umlaufbahnen um
die Erde, und es vergehen mehrere Tage, bis ein Satellit wieder die selbe Stelle
fokussiert. Ziel der Satellitenentwicklung ist nicht nur diese Wiederholrate zu
verringern, sondern auch die Auflösung zu erhöhen. Zwar gibt es auch
geostationäre Satelliten, die so zur Erde positioniert sind, dass sie stets den
selben Ausschnitt im Blick haben. Doch schweben sie 36.000 Kilometer hoch und
haben eine entsprechend grobe Bildauflösung - maximal acht Kilometer
Objekterkennung. Das neueste deutsche Aufklärungs-Projekt SAR-Lupe, entwickelt
von der Firma OHB-System in Bremen, hat zum Ziel, mehrere Orte gleichzeitig ins
Visier zu nehmen. Bei diesem System sollen fünf Radarsatelliten so auf der
Erdumlaufbahn positioniert werden, dass sie sich optimal ergänzen und die
Wiederholrate geringer wird. Ein weiterer Fortschritt in der militärischen
Erdbeobachtung. Doch noch immer wird es unmöglich sein, ein sich bewegendes
Objekt wie eine Person oder ein Fahrzeug zu verfolgen. Aber es versteht sich von
selbst, dass allenthalben geforscht und entwickelt wird, um den blinden Fleck
der fliegenden Augen schrumpfen zu lassen und eines Tages ganz zu überwinden.
TV-Beitrag: U. Kleineidam & St.Weinsheimer
Online-Beitrag: A. Hartmann & St. Weinsheimer
Satelliten - Spione im All
Buchtipps und Links
Erleben Sie
mit aufregenden und faszinierenden Bildern aus dem Universum einen neuen Blick
auf unseren Planeten.
Kunstwerk Erde
Satellitenbilder aus dem All
Ein Buch der Partner DLR, GEO und Frederking & Thaler
Frederking & Thaler Verlag
München 2001
244 S., 150 Farbfotos
DM 100,- (EUR 50,-)
"Der Mensch muss sich über die Erde erheben, bis zum Außenrand
der Atmosphäre und darüber hinaus, weil er nur dann die Welt verstehen wird,
in der er lebt." Ein weiser Satz vor 2500 Jahren von dem berühmten
griechischen Philosophen Sokrates formuliert. Seine Erkenntnis hat sich mehr als
bewahrheitet. 1962 war es dann endlich soweit: Für den ersten bemannten
Raumflug der Amerikaner an Bord der Mercury-Atlas-6-Raumkapsel überredete John
Glenn die NASA, ihm die Mitnahme einer Kamera zu erlauben. Seitdem gehören
Kameras zur Standard-Ausrüstung jeder NASA-Mission. Heute sind wir noch einen
Schritt weiter. Das, was Sensoren an Bord der Satelliten messen, geht weit über
das hinaus, was in den Bildern der Astronauten zu erkennen ist. Das liegt vor
allem daran, dass solche Erderkundungssensoren auf Satelliten mehr
"sehen" können als das menschliche Auge, zum Beispiel Infrarot- und Wärmestrahlung,
ultra-violettes Licht oder Mikrowellenstrahlung. Und das zum Teil durch Wolken
hindurch und auch bei Nacht.
Der umfangreiche Bildband liefert ein völlig neues Bild unseres Planeten.
Faszinierende Ansichten, ungeahnte Perspektiven, berauschende Farbspiele und
graphische Strukturen von beeindruckender Kraft lassen die Erde in einem anderen
Licht erscheinen. Brillante Farbaufnahmen aus dem Orbit eröffnen dem Betrachter
einen Blickwinkel auf die Erde, wie er sonst nur Astronauten zuteil wird. Ein
Buch zum Staunen!
Satellitenbilder im Internet und mehr zum Thema
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